Kann ich klimaneutral leben?

Immer mehr Produkte werden als “klimaneutral” gekennzeichnet und vermarktet. Gottseidank wird der Markt für sozial und ökologisch nachhaltige Produkte und auch Dienstleistungen größer. Aber geht es dabei immer mit rechten Dingen zu? Natürlich ist es sinnvoll, Nachhaltigkeit zu kennzeichnen, um den Konsument:innen Transparenz zu geben, über die wahre Herkunft, die tatsächliche Produktion, Klimabilanzen und vieles mehr. Orientierung an Siegeln ist unabdingbar, um Verbraucher:innen fundierte Kaufentscheidungen zu ermöglichen. Aber kann man “klimaneutral” trauen und was steckt dahinter?

Regenwald
Kann ich klimaneutral leben? Ein Fokus auf die CO₂ Reduktion ist wichtig.

“Klimaneutralität kann erreicht werden, wenn die CO₂-​Emissionen auf ein Minimum reduziert werden und allfällige restliche CO₂-​Emissionen mit Klimaschutzmaßnahmen kompensiert werden. Werden klimaschädliche Treibhausgase komplett vermieden oder bereits ausgestossene Gase an anderer Stelle wieder eingespart, spricht man von klimaneutral.“

Zitat von unserem Kompensations Partner myclimate

Wer kann klimaneutral werden?
Vom Versand, über Wein, Honig, Kleidung und Kosmetik. You name it. Alles gibt es mittlerweile in “klimaneutral”. Nicht nur Produkte, auch Länder sollen klimaneutral werden. Deutschland möchte das bis 2045 erreichen. Für das Jahr 2040 wurde ein Reduktionsziel von mindestens 88% festgelegt. Bis 2045 soll Deutschland Treibhausgas neutral sein: Das heißt, dass ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgas-Emissionen und Treibhausgas-Reduktion herrschen soll. Nach 2050 will die Deutsche Bundesregierung sogar negative Emissionen vorweisen. Also mehr CO₂ Reduktion and Emission.

Hier nochmal die Ziele zur CO₂ Reduktion im Überblick (Im Vergleich zu 1990)

🌱 Bis 2030: 65 Prozent

🌱 Bis 2035: 77 Prozent

🌱 Bis 2040: 88 Prozent

🌱 Bis 2045: 100 Prozent

Hot Topic! 🔥
Wieso das Thema momentan so wichtig ist und häufig thematisiert wird? Immer mehr Unternehmen kennzeichnen sich selbst, also das gesamte Unternehmen und seine Prozesse, und/oder Produkte als klimaneutral. Da “klimaneutral” kein geschützter Begriff ist, ist das nicht immer vollkommen transparent nachvollziehbar. Manchmal ist die Bezeichnung auch einfach irreführend, wenn nicht sogar falsch. Die Wettbewerbszentrale hat einige Unternehmen beanstandet, darunter auch Aldi Süd. Zwölf Firmen wird irreführende Werbung vorgeworfen. Vier Unternehmen wurde bereits die Werbung mit “klimaneutral” untersagt.

Wie definieren wir Klimaneutralität?
Was bedeutet eigentlich “klimaneutral”? Laut EU bedeutet Klimaneutralität ein Gleichgewicht zwischen der Erzeugung und der Aufnahme der CO₂-Emissionen. Das Ziel dabei ist ein vollständiges Gleichgewicht zwischen beiden zu erreichen

Aktuell erzeugen wir weltweit mehr CO₂-Emissionen als von Böden, Wäldern oder Ozeanen, den sogenannten Kohlenstoffsenken aufgenommen werden kann. Böden und Wälder werden zunehmend durch Klimaveränderungen und steigende Bodenverarbeitung belastet, können dadurch weniger CO₂ aufnehmen, bzw. Fangen an mehr und mehr CO₂ abzugeben.

Windrad auf dem Land
Klimaneutralität sollte die Emissionsreduktion und -kompensation umfassen.

Wir alle verursachen CO₂. Bei Unternehmen sind die Emissionen natürlich deutlich größer als beim Individuum. Um Emissionen zu reduzieren gibt es daher auch für Unternehmen nur zwei Wege: entweder den Ausstoß vermindern und/oder kompensieren.

Kompensation
CO₂-Emissionen werden nicht am Ort der Entstehung, sondern irgendwo anders in der Welt, wo es billiger ist, in gleicher Menge reduziert. Ein Unternehmen zahlt eine Summe X an eine Organisation, welches ein Zertifikat ausstellt, das besagt, dass das Unternehmen seine Emissionen kompensiert hat. Die Organisation nimmt das Geld und finanziert damit Projekte. Meist im Globalen Süden. So wird z.B. der Einsatz von Solarkochern gefördert, um das Abholzen von Wäldern zu minimieren. Mit diesen Projekten wird der Eintrag von klimaschädlichen Gasen in die Atmosphäre reduziert. Als Privatperson kann so auch kompensiert werden. Dazu später mehr.

Es gibt aber auch für Unternehmen die Möglichkeit von anderen Unternehmen CO₂ Emissions Zertifikate zu kaufen. Wie geht das? Unternehmen A produziert noch sehr viele CO₂-Äquivalente, während Unternehmen B im durchschnittlichen Vergleich unter der Grenze des vorgeschriebenen CO₂-Emissions-Wertes liegt. Unternehmen B kann daher Unternehmen A Zertifikate verkaufen, damit dieses seinen CO₂-Emissions-Wert ausgleichen kann. Vorteil: Es gibt einen finanziellen Anreiz für Unternehmen ihre Produktionsanlagen klimafreundlicher anzupassen.

Reduktion
Das Unternehmen passt seine eigenen Prozesse an und nutzt beispielsweise klimafreundliche Rohstoffe, klimafreundliche Energie zur Herstellung und auch weitere Sektionen im Betrieb werden umgestellt. Dieses Szenarium ist meistens teurer und aufwendiger als Kompensation,aber vorausschauend besser, weil auch in Zukunft weniger CO₂-Emissionen abgegeben werden. So gibt es auch Fälle, in denen Unternehmen sogar Kohlenstoffsenken erzeugen und somit “klimapositiv” sind.

Solarpanele im Gebüsch
Ganze Länder arbeiten Schritt für Schritt auf die Klimaneutralität zu.

Wo ist die Kritik?

Klimaneutral als Greenwashing
Viele Unternehmen nutzen Kompensation, um sich als “klimaneutral” darzustellen. Das Problem dabei? In diesem Fall bezieht sich “klimaneutral” nur auf ein Produkt oder einen Teilbereich des Unternehmens, wie zum Beispiel die Logistik oder das Packaging. Das Unternehmen hat aber bisher keine sichtbaren CO₂-Reduktionen im gesamten Unternehmen vorgenommen. Wir als Verbraucher:innen gehen jedoch davon aus, dass das Unternehmen “klimaneutral” ist. Dabei werden aber nur für den Gegenwert der Verpackungsmaterialien Bäume gepflanzt und ansonsten genauso viel CO₂-Emissionen in die Luft gepustet, wie davor.

Noch ein Beispiel von Kompensation aus dem privaten Bereich, das Fliegen. Fliegen verbraucht unglaublich viele CO₂-Emissionen. Und jeder fliegt nun einmal gern in ferne Städte oder Länder, weil oft die Urlaubszeit für “klimafreundlichere” Mobilitätsvarianten nicht ausreicht. Fluggesellschaften bieten daher schon Kompensationsprojekte wie das Pflanzen von Bäumen an.

⚠️ Der Haken: bis so ein junger Baum die Menge CO₂-Emissionen aufnimmt, vergehen ein paar Jahre. Und nicht alle gesetzten jungen Bäume kommen durch und wachsen. Zusätzlich wird in Forst Wäldern auch deutlich weniger CO₂ gespeichert, als in ruhenden Wäldern, weil dort ständig die Erde durch landwirtschaftliche Geräte bearbeitet wird und somit CO₂ wieder freigegeben wird. Vertrauensvoller sind hier Projekte die mit dem Gold-Standard zertifiziert wurden, da diese sehr aufwendige Audit Verfahren durchlaufen. Aber auch die stehen in keinem Vergleich zum positiven Ergebnis, wenn auf Flugreisen einfach verzichtet wird.

Aber gibt es denn auch “Klimaneutrale” Unternehmen oder kann ein Unternehmen von heute auf morgen komplett “Klimaneutral” sein? Die gute Nachricht vorweg: Es gibt durchaus Unternehmen, die stark daran arbeiten ihre Emissionen so gering wie möglich zu halten und vielleicht auch noch ein bißchen mehr tun. Jetzt die schlechte Nachricht: Ein Unternehmen, das mit einem Fingerschnipp “Klimaneutral” sein soll, kann dies nur durch Kompensation mit Ankauf von Zertifikaten und Projekten erreichen und die Neutralität findet sich nur auf dem Papier, denn in die Luft werden weiterhin CO₂-Emissionen geblasen.

Wasser Stausee
Über einige Kompensationsprojekte werden erneuerbare Energien finanziert. Ein wichtiger Teil auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Reduktion vor Kompensation
Eine Sache, die uns bei PLAN3T unglaublich am Herzen liegt, ist, dass Reduktion vor Kompensation kommt. Auch wenn es schön wäre, können wir uns nunmal nicht von unserer Verantwortung “freikaufen”. Oft wird hier der Vergleich zwischen dem Emissionshandel mit CO₂-Zertifikaten und dem kirchlichen „Ablasshandel“ angebracht. Beide Systeme ermöglichen es Menschen, die genug finanzielle Mittel aufbringen können, ihr Gewissen zu reinigen. Ganz ohne umzudenken und ihr Verhalten zu ändern. Wir möchten beide Schritte nochmal genau unter die Lupe nehmen:

Schritt 1️⃣ Vermeiden & Reduzieren
Nachdem ihr euren CO₂ Fußabdruck (z.B. über die PLAN3T App) festgestellt habt, ist der nächste Schritt die Reduzierung eurer CO₂ Emissionen. Dieser Schritt erfordert natürlich Umdenken und einige Verhaltensänderungen. Beim Essen, beim Reisen, beim Wohnen, beim Konsumieren, so ziemlich überall. Aber: eins nach dem anderen. Kleine Schritte lohnen sich. Bei all den Bemühungen müssen wir aber auch ehrlich sein. Eine komplette Emissionsreduktion auf 0 ist momentan quasi unmöglich. Warum? Allein in Deutschland zu leben, die Infrastruktur in Anspruch zu nehmen und unser momentaner gesellschaftlicher Lebensstil erlaubt es uns nicht, komplett auf null zu gehen. Deswegen brauchen wir momentan noch Schritt 2.

Schritt 2️⃣ Kompensieren
Bei der Kompensation setzen wir an dem Punkt an, an dem die Reduktion nicht mehr weiter kommt. Hierbei werden die angefallenen Emissionen durch den Kauf von CO₂ Zertifikaten an einem anderen Ort, durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Oft sind diese Projekte im Globalen Süden angesiedelt. PLAN3T arbeitet hier mit einer breiten Palette an Projekten zusammen.

Neben einem lokalen Projekt, der Renaturierung des Königsmoors in Schleswig Holstein, gibt es die Möglichkeit die Kreislaufwirtschaft in Rumänien zu unterstützen. Außerdem können unsere User:innen die folgenden Projekte wählen Koch-Taschen in Ruanda, Solarenergie in Tansania, Biogas in Indien & Kochstellen in Ruanda. Alle Projekte werden von gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung gestellt und sind Gold-Standard zertifiziert.

Tropischer Regenwald
Reduzieren kommt vor der Kompensation. Kompensieren gilt als Lösung für nicht-vermeidbare Emissionen.

Kann ich klimaneutral leben?
Ja und nein. Wichtig ist, die richtige Balance zwischen Reduktion und Kompensation zu finden. Zuerst müssen wir alles aus der Reduktion rausholen, um danach das Verbleibende zu kompensieren. Diese Grenze ist natürlich sehr individuell und sollte sich über die Zeit entwickeln. Wenn ein Schritt geschafft ist, heißt es höhere Ziele zu setzen. Immer und immer wieder. Diese Tipps können dir dabei helfen das Ziel im Blick zu behalten:

🌎 Lass dich nicht in die Irre führen von Greenwashing, schau genau hin. Noch ist “klimaneutral” kein Label und signalisiert noch keinerlei Standard. Es braucht unseren gesunden Menschenverstand und ein scharfes Auge

🌍 Frag genau nach. Wenn du zweifelst ob ein Produkt oder eine Dienstleistung wirklich klimaneutral ist, lohnt sich meist eine kritische Nachfrage beim Unternehmen.

🌏 Nutze PLAN3T als dein Guide zum klimaneutralen Leben. Wir helfen dir zu reduzieren so viel es geht und danach zu kompensieren, was noch übrig ist. Starte Challenges für jede Woche und steigere dich Schritt für Schritt. Danach kannst du über unsere zertifizierten Projekte kompensieren.

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